Verkehrsrecht
Im Falle eines Unfalls…
Aufgrund einer Vielzahl von Fragen, die immer wieder von Mandanten oder Studierenden an mich herangetragen wurden, entstand die Idee, hier ein kleines „Verkehrslexikon“ zu basteln und ins Netz zu stellen, dessen Sinn und Zweck allerdings wirklich nur sein soll, eine allererste Übersicht (siehe unten I und II) zu bieten und einige Begriffe und Abkürzungen zu erklären (siehe unten III), die häufig im Zusammenhang mit verkehrsrechtlichen Problemen auftreten und dem Laien naturgemäß nicht immer verständlich sind. Diese Aufstellung erhebt natürlich keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit und wird (selbstverständlich insbesondere bei entsprechendem feedback !) im Laufe der Zeit sicherlich ausgebaut und erweitert. Den derzeitigen Stand finden Sie hier.
Erst einmal das Praktische:

So einen Unfall wünscht man niemanden, meist geht es hierzulande glimpflich mit einem Blechschaden ab. (Foto: pixabay)
Bei allen Verkehrsunfällen gilt: Zuerst an die Sicherheit denken!
Warnblinker anstellen
Rechts – ggf. auf dem Standstreifen anhalten
Warndreieck aufstellen (ausreichende Entfernung beachten – auf Autobahnen mindestens 100m)
Bei Unfällen auf der Autobahn vor allem auch an die eigene Sicherheit denken: Nie im Auto sitzen bleiben! Alle müssen raus aus dem Auto und hinter die Leitplanke – selbst wenn das Wetter noch so schlecht ist! Denken Sie an die Auffahr-Gefahr durch nachfolgende Fahrzeuge. Übrigens auch bei Leitplanken kann es im Dunkeln eine Gefahr geben: Runde, rohrartige Leitplanken befinde sich in aller Regel auf Brücken oder an Abgründen – nur hinter gewöhnlichen geraden Leitplanken ist man wirklich sicher.)
Gibt es Verletzte, dann sofort von einer Notrufsäule oder per Telefon den Notruf 110 alarmieren und dabei möglichst exakt die Unfallstelle angeben sowie Angaben über Umfang des Unfalls und Zahl der Verletzten übermitteln – beim Verletzten bleiben und erste Hilfe leisten, aber nur bergen, wenn konkrete Gefahr droht (z.B. Auto brennt oder abzustürzen droht) damit die Bewegung keine weiteren Verletzungen verursacht.
Danach sollte man allerdings auch an die Beweissicherung denken
Bitten Sie Zeugen, am Unfallort zu bleiben und notieren Sie sich deren Personalien.
Notieren Sie die Personalien aller Unfallbeteiligten und die Kennzeichen der beteiligten Kraftfahrzeuge.
Soweit dies möglich ist, sollten sowohl von den beteiligten Fahrzeugen (möglichst noch in der Unfallposition), als auch von den möglicherweise wichtigen Gegebenheiten (wie z.B. Verkehrszeichen, Fahrbahnmarkierungen, Sichtverhältnisse etc.) Fotos machen.
Die Unfallgegner sollten sich gegenseitig möglichst auch über ihre Kfz-Haftpflichtversicherung informieren, Versicherungsnummer benennen bzw. von vielen Versicherern für derartige Fälle vorgefertigten Schadensvisitenkarten aushändigen.
Aber: Man sollte der Schadensregulierung und der rechtlichen Bewertung des Unfallgeschehens nicht dadurch vorgreifen, dass man schon an dieser Stelle irgendwelche Ansprüche anerkennt oder die Verantwortung für die Verursachung des Unfalls zu übernehmen.
Rechtliches zum Schluss
Jeder Unfall hat möglicherweise sowohl zivilrechtliche, als auch straf- oder bußgeldrechtlichen Folgen, die juristisch separat aufgearbeitet werden. Das heißt, dass die Frage der Regulierung der Schäden oder eines etwaigen Schmerzensgelds am Ende im Streitfall von einem Zivilrichter (in Berlin üblicherweise beim Amtsgericht Mitte in der Littenstraße bzw. dem Landgericht) nach den Regeln der Zivilprozessordnung, die Frage einer Sanktionierung als Verkehrsstraftat oder Ordnungswidrigkeit dagegen von einem (Verkehrs-)Strafrichter (in Berlin üblicherweise beim Amtsgericht Tiergarten in der Kirchstraße) nach den Regeln der Strafprozessordnung.
Hierzu nachstehend einige Anmerkungen zum besseren Verständnis:
Die zivilrechtliche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen hängt maßgeblich davon ab, inwieweit der Unfall für den Beteiligten unvermeidbar war. Obwohl von jedem Kraftfahrzeug eine abstrakte Betriebsgefahr ausgeht, die zu einer verschuldensunabhängigen Haftung des Fahrzeughalters führt, kann die überwiegende Unfallverursachung durch den Unfallgegner dazu führen, dass es möglich ist, den erlittenen Schaden bei der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners erfolgreich geltend zu machen. Wenn bzw. soweit diese reguliert, wird neben den materiellen Schaden am Fahrzeug auch ein angemessenes Schmerzensgeld für erlittene körperliche Schäden, daraus resultierender Verdienstausfall, Ersatz für Gutachter- und Rechtsanwaltskosten, Nutzungsausfallentschädigung für die Dauer der unfallbedingten Reparatur oder Kosten eines Mietwagens für diese Zeit, Zulassungs- und Nebenkosten bei einem Totalschaden und eine allgemeine Unkostenpauschale bezahlt. Hier macht sich in aller Regel eine frühzeitige anwaltliche Vertretung durchaus bezahlt.
In jedem Fall ist zu bedenken, dass bei Streitigkeiten über die Frage der Unfallverursachung von dem Grundsatz ausgegangen werden muss, dass jeder die Details beweisen können müsste, auf die er sich berufen will. Damit kommt der ersten Unfallaufnahme durch die Polizei auch eine wichtige, beweissichernde Bedeutung zu. Sollten allerdings bestimmte Besonderheiten vorliegen, die möglicherweise nicht mit aufgenommen wurden, empfehlen sich vorsorglich die oben genannten eigenen Maßnahmen (Namen und Adressen von Zeugen notieren, Bremsspuren messen, eigene Fotos vom Unfallort anfertigen etc.)
Keine Diskussionen vor Ort bitte
Wenig sachdienlich sind dagegen Diskussionen mit dem möglicherweise uneinsichtigen Unfallgegner oder den aufnehmenden Polizeibeamten, zumal letztere in aller Regel erst später am Unfallort erscheinen und bestenfalls die vollendete Unfallsituation registrieren und bewerten können bzw. müssen. Die Beamten fungieren dabei als Organe der Verkehrsordnungsbehörde, die möglicherweise aufgrund des Unfalls den Vorwurf einer Verkehrsordnungswidrigkeit erhebt, der dem Betroffenen dann zu guter Letzt in Form eines Bußgeldbescheides ins Haus flattert oder sie sind gleichsam Hilfsbeamte der Staats- bzw. Amtsanwaltschaft, die das Geschehen mit dem Vorwurf einer (Verkehrs-)Straftat wie z.B. fahrlässige Körperverletzung rechtlich überprüft.
Recht auf Aussageverweigerung
Für die verkehrsstrafrechtliche Seite ist bedeutsam, dass kein Betroffener verpflichtet ist, sich durch seine Angaben selbst zu belasten. Das Recht auf Aussageverweigerung ist eines der wichtigsten für alle Betroffenen, solange ihnen ein Verschuldensvorwurf gemacht werden kann. Andererseits sollte auch die o.g. mittelbare, beweissichernde Bedeutung nicht unterschätzt werden, so dass es durchaus sinnvoll sein kann, die aufnehmenden Beamten auf das Vorhandensein bestimmter Beweismittel, Zeugen o.ä. hinzuweisen, damit entlastende Details mitaufgenommen werden.Folgende „Merkliste“ könnte hilfreich sein:
– bei der polizeiliche Unfallaufnahme Aktenzeichen geben lassen (sowie unter Umständen auch Dienstnummern der aufnehmenden Beamten)
– Name und Adresse des Unfallgegners ggf. nach Einsichtnahme in den Personalausweis notieren
– Name und Adresse des Halters des gegnerischen Fahrzeugs notieren, falls dieser vom Fahrer abweicht
– Haftpflichtversicherung des Unfallgegners notieren
– Möglichst auch gleich Haftpflichtversicherungsschein-Nr. erfragen
– Eigene Versicherung informieren, soweit Gegenseite Ansprüche erhebt
– Nun sollten Sie schnellstens telefonisch mit ihrem Rechtsanwaltsbüro in Kontakt treten und das weitere Vorgehen ggf. im persönlichen Gespräch mit dem Rechtsanwalt abstimmen
Weitere Fragen
Sollte ein Kfz.Sachverständiger zur Begutachtung des Unfallschadens eingeschaltet werden?
Könnte die Regulierung auf der Grundlage eines Kostenvoranschlages durchgeführt werden?
Lohnt es sich, einen Mietwagen zu nehmen ? Kann mit einer 100%igen Regulierung gerechnet werden oder ist es wahrscheinlich, dass nur die Haftung quotenmäßig aufgeteilt wird?
Wann muss sich der Geschädigte mit einer Regulierung als „wirtschaftlicher Totalschaden“ zufrieden geben, obwohl er sein Fahrzeug gern reparieren lassen möchte?
In welcher Höhe könnte ein Schmerzensgeld beansprucht werden ? Was ist zu tun, wenn die Polizei den Führerschein einzieht?
…und falls Sie sich bisher glücklicherweise noch nicht um dieses Thema kümmern mussten, nun zum Schluss ein Hinweis, wo Sie noch einige häufig gebrauchte Abkürzungen und Begriffsbestimmungen, die häufiger im diesem Zusammenhang auftauchen, finden können. In unserer Glossary.