Umgangsrecht
In der Praxis verzeichnen wir in letzter Zeit einen signifikanten Anstieg von Streitigkeiten über den Umgang. Das Umgangsrecht ist ein rechtlich unabhängig vom Sorgerecht zu betrachten. Es beinhaltet den Anspruch auf Umgang eines minderjährigen Kindes mit seinen Eltern und jedes Elternteils mit dem Kind, in besonders gelagerten Fällen auch das Recht Dritter auf Umgang mit dem Kind beziehungsweise des Kindes mit Dritten. Maßgeblich ist das Wohl des Kindes.
Das Umgangsrecht ist in Deutschland im Zusammenhang mit der elterlichen Sorge im BGB geregelt. Dennoch hat ein Kind auch Recht auf Umgang mit einem möglicherweise nicht sorgeberechtigten Elternteil. Verfahren um Umgang werden daher unabhängig von der Inhaberschaft der elterlichen Sorge geführt und erfolgen als Akt der freiwilligen Gerichtsbarkeit vor dem Familiengericht.
Im Verhältnis zwischen Kindern und Eltern erlangt das Umgangsrecht dann praktische Bedeutung, wenn die Eltern voneinander getrennt leben und/oder das Kind weder bei der Mutter noch beim Vater lebt.
Ausgangspunkt der Regelung ist der in § 1626 Abs. 3 BGB ausdrücklich niedergelegte Grundgedanke, dass das Kind zu seiner ungestörten Entwicklung des regelmäßigen Umgangs mit beiden Elternteilen bedarf. Diese allgemeine Regelung führt zu der konkreten Normierung eines Umgangsrechts in § 1684 Abs. 1 BGB:
Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.
Im Falle der Trennung der Eltern folgt aus dieser expliziten Regelung die Pflicht für denjenigen Elternteil, bei dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, den Umgang mit dem anderen Elternteil zu ermöglichen, zu fördern und jede Störung zu unterlassen. Umgekehrt hat der andere Elternteil nicht nur das Recht auf Umgang, sondern auch eine Pflicht hierzu. Mit der Novelle des Kindschaftsrechts von 1998 wurde im BGB die Pflicht, die zuvor an zweiter Stelle stand, dem Recht vorangestellt.
Die Formulierung der gesetzlichen Regelung hat dazu geführt, dass in der anwaltlichen Sprechstunde tatsächlich wiederholt die Frage gestellt wurde, ob ein Elternteil den anderen tatsächlich im Hinblick auf dessen Pflicht aus § 1684 BGB verklagen könnte. Allein diese Frage lässt tief blicken. Wenn tatsächlich ein abwesender Elternteil partout sein Kind gar nicht sehen will, kann man sich kaum vorstellen, dass es Sinn machen würde, ihn gerichtlich zum Umgang zu zwingen. Allerdings werden die Familienrichter zu recht mitunter ungemütlich, wenn sich Eltern an zwischen ihnen getroffene Umgangsvereinbarungen nicht halten und dadurch ihre Kinder enttäuschen. Wenn Umgangsvereinbarungen in einem familiengerichtlichen Verfahren abgeschlossen und familiengerichtlich genehmigt wurden, kann das Familiengericht Ordnungsgelder verhängen, wenn sich ein Elternteil nicht an die Umgangsvereinbarung hält – das betrifft sowohl Umgangsberechtigte, die dann einfach nicht kommen, als auch betreuende Elternteile, die den anderen an der Ausübung des Umgangsrechtes hindern.